Jochen
Chefredakteur bei ZEIT ONLINE
"Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr ZEIT-Abonnent und wollte unbedingt herausfinden, wie sich mein liebstes Medium von innen anfühlt."
Ich hatte den Journalismus eigentlich gerade verlassen und mit viel Glück ein florierendes kleines Unternehmen gestartet. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, jemals in meinen alten Beruf zurückzukehren. Bis ZEIT-Geschäftsführer Rainer Esser anrief und mir ein Angebot machte, das ich nicht ablehnen konnte: die Chefredaktion von ZEIT ONLINE. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr ZEIT-Abonnent und wollte unbedingt herausfinden, wie sich mein liebstes Medium von innen anfühlt. Außerdem wollte ich verstehen, warum die ZEIT entgegen allen Trends so erfolgreich ist. Jetzt, mehr als sieben Jahre später, bin ich sicher, dass es die richtige Entscheidung war, zurück in den Journalismus zu gehen. Den einen Grund für die weiterhin recht erfreuliche Entwicklung des Hauses aber kenne ich immer noch nicht. Es gibt viele, und ich lerne immer wieder neue kennen.
Ich bin als Chefredakteur von ZEIT ONLINE gestartet, mittlerweile bin ich auch Mitglied der ZEIT-Chefredaktion.
Es klingt vielleicht seltsam: Wir versuchen jeden Tag von neuem, die Zukunft des Journalismus zu erfinden - durch agiles Arbeiten, durch Experimente, vulgo: durch Herumprobieren. Nur, wenn wir diese Grundspannung halten, glaube ich, werden wir langfristig erfolgreich bleiben, denn das Netz verändert sich alle paar Monate. Manchmal stoßen wir auf eine neue Idee, die funktioniert - dann versuchen wir, sie auszubauen und wachsen zu lassen. So sind bei uns die besten Projekte entstanden. Sie waren nicht ganz so strategisch geplant, wie sie sich heute anfühlen, sondern wurden oft spielerisch geboren - sei es "Deutschland spricht", unsere Podcasts, bei denen wir mittlerweile Marktführer sind, oder das Fundament unserer erfreulicherweise funktionierenden Abo-Strategie. Im Geschäftsmodell liegt natürlich auch die größte Herausforderung für alle traditionellen Medien: es nach und nach auf digitale Säulen zu stellen, ohne das Hergebrachte allzu sehr zu irritieren.
Die Freude des gesamten Teams, stets Neues auszuprobieren, und den Alltag dabei nicht aus den Augen zu verlieren - das gilt für alle Redakteurinnen und Redakteure genauso wie für meine Kolleginnen und Kollegen im Verlag. Wir haben zum Glück Geschäftsführer*innen, die Neues nicht bekämpfen, sondern fördern. Die Balance zwischen Gegenwart und Zukunft zu finden, ist eigentlich fast unmöglich. Dafür gelingt es uns erfreulich oft.
Jene Menschen direkt um Rat zu fragen, die einen wirklich spannenden Job zu haben scheinen. Ach ja, und: Stay hungry, stay foolish.
"Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr ZEIT-Abonnent und wollte unbedingt herausfinden, wie sich mein liebstes Medium von innen anfühlt."